20 Jahre Fliegenstrecke an der Ager – Ein Rückblick. Von Mag. Roman Moser.
Fotos: FM Wolfgang Hauer, Albert Pesendorfer, Wolfgang Hauer, Mario Andorfer, Rudolf Mikstetter
Die Fliegenstrecke an der Ager.
Als ich, vor gut 20 Jahren, die Bewirtschaftung der Ager im Auftrag des Sportanglerbundes (SAB) übernahm, war mir damals nicht bewusst, welche Herausforderungen im Laufe der Zeit noch auf mich zukommen werden. Ich erachtete es als gute Gelegenheit und Chance, mein Wissen und meine Erfahrung bezüglich Bewirtschaftung eines Salmonidenflusses (?) in die Realität umsetzen zu können. Da der Verein das finanzielle Risiko trug und mir ein jährliches Besatzbudget genehmigt wurde, ging ich zuerst daran, die Gewässer-morphologischen und fischökologischen Gegebenheiten zu erkunden. Ich hatte ja schon einige Jahre zuvor als einfacher Lizenznehmer die Gelegenheit, mich mit den fliegenfischereilichen Möglichkeiten an diesem Gewässer auseinanderzusetzen. Damals war die Ager noch mit den Zelluloseabwässern der Lenzing-AG, jedoch in bereits verträglichem Ausmaß, belastet und zeigte einen leicht eingetrübten Wasserkörper. Das störte mich zwar, war aber, wie sich später herausstellte, die Basis für reichlich Insektenaufkommen. Vor allem der Bachflohkrebs, als Detritus-Fresser, war unter fast jedem Stein zu finden und große Steinfliegen (Perla-Arten) waren im Frühsommer häufig zu sehen. Die zusätzlich Eutrophierung (Düngung) durch die einmündende Vöckla führte zu einem erheblichen Hochstand an Nährtieren. Einzig, der schnelle Fließcharakter und die fehlende Struktur, bereiteten mir Sorge.
Die Ager als Dreckschleuder:
Die Ager war ursprünglich der Abwasserkanal für die Faserproduktion der Fabrik in Lenzing. Als Industriefluss zeigte sie eine Gewässergüte, die als schwer belastet in der Gütestufe 4 angesiedelt war. Heute würde ich sie, nach den Klärmaßnahmen, eher als Stufe 2 bezeichnen. Dies deshalb, weil die Vöckla, mit ihren Nebenbächen, nach Regenfällen erhebliche Schmutzfrachten und Trübstoffe antransportiert.
Es war einmal….
Bereits in früheren Jahren, als noch Schaumkronen und Zellulosefasern die Ager stark belasteten, wurde dieser Fluss rigoros begradigt. Ziel war nämlich, den Abfall möglichst rasch abzutransportieren, um zu verhindern, dass sich stinkende Schlammberge in den ruhigeren Fluss-Buchten ansammeln. Dabei war dieses Gewässer ursprünglich, vor der Verbauung, mit Nebenarmen, Altwassern, Bifurkationen und Inseln geradezu gesegnet. Morphologische Grundvoraussetzungen für hohen Fischbestand, wie Rückzugsraum bei Hochwasser-Ereignissen, Jungfischhabitaten und Sickerräumen mit Klärung und Kühlung im begleitenden Schotterkörper. Ein Erscheinungsbild, ganz charakteristisch für ein intaktes Fluss-Ökosystem. Die ehemaligen Nebenarme und Mäander sind heute noch, vor allem in der Regauer Senke und Puchheimer Au, erkennbar.
Ein Huchengewässer:
Nicht umsonst gehörte die Ager, bis 1910, zu jenen Flüssen, die man als ideales Huchen-Habitat bezeichnen hätte können. Dieser Groß-Salmonide wanderte nämlich damals bis zur Ortschaft Timelkam, die Ager und Vöckla hinauf, um dort abzulaichen. Ein erfolgreicher Netz-Zug auf diesen Groß-Salmoniden, war damals, im ausgehenden 19. Jahrhundert, Gang und Gebe. Dabei waren zwei Boote mit vier Mann Besatzung notwendig. Die Boote wurden im Abstand von 3-4 Metern, parallel nebeneinander, den Fluss hinauf gestakt. Die vorderen zwei Männer hatten Stangen, die hinteren einen Netzsack zwischen den Booten – gespannt parat gehalten. Sobald sie einen großen Huchen sahen, nahmen in die Boote in die Mitte und auf Kommando wurde der Netzsack ins Wasser abgesenkt. Die zwei Vordermänner schlugen mit ihren Stangen daraufhin auf die Wasseroberfläche. Der Huchen drehte natürlich um und flüchtete flussab, geradewegs ins Netz der Hintermänner. Auch der Fang und Verkauf von Barben und Nasen führte bei manchen Anrainern zu einem zusätzlichen Einkommen. Die später errichteten Kraftwerksbauten verhindern jedoch, trotz Aufstiegshilfen, bis heute die Laichwanderung dieser Weißfischarten. Dabei bilden diese die Grundvoraussetzung für das Aufkommen von Junghuchen. Der in der Jetzt-Zeit durchgeführte Besatz des „Donaulachses“ ist vor allem in der kalten Vöckla erfolgreich. In der Ager sind sie jedoch, wegen der höheren Wassertemperaturen, nur als „Durchreisende“ zu sehen. Ich hatte schon vor Jahren wiederholt Huchen-Besatz eingebracht, der trotz reichlicher Nahrungsgrundlage an Aiteln und Barben, beim nächsten Hochwasser auf Nimmerwiedersehen verschwand.
Das Fisch-Sterben 1991:
Wie dicht der Fisch-Bestand der belasteten Ager vor 30 Jahren war, konnte anhand einer Vergiftung durch Chlorbleichlauge sehr deutlich vor Augen geführt werden. Aufgrund eines Rohrbruches in der Lenzing AG wurde fast der gesamte Fischbestand des Flusses, bis Attnang-Puchheim, vernichtet. In abgeschwächter Form waren die Auswirkungen des Fisch-Sterbens bis nach Lambach hinunter, bemerkbar. Massenhaft wurden Barben, Aitel, Hechte, Aale und Kleinfische angeschwemmt. Dabei waren auch Bachforellen, mit einem Gewicht von bis zu 4 kg, die sich an Tubifex und Gammarus, über Jahre hindurch, gemästet hatten. Diese Salmoniden pendelten regelmäßig zur Fortpflanzung in die saubere Vöckla hinauf und zum Fressen in die schmutzige Ager hinunter. Genießbar waren diese Monsterfische allerdings nicht. Nach diesen katastrophalen Ereignissen wurde das Ager-Wasser vom Verursacher im Wesentlichen durch Reinigungsmaßnahmen geklärt und der Schaden am Fisch-Bestand pekuniär abgegolten. Natürlich stellt sich die Frage, ob solch ein Totalschaden an den Bioindikatoren mit Geldmitteln überhaupt kompensiert werden kann.
Übrigens: Der Rückgang aller wandernden Süßwasserfische in Europa beträgt, seit 1979, etwa 93% (laut Living Planet-Index). Und dies ist vor allem auf Begradigungen, Hochwasserschutz-Maßnahmen und Wasserkraftanlagen zurückzuführen. Auch der Eintrag durch chemische Stoffe aus Landwirtschaft, Haushalt und Industrie, trägt dazu bei. So fließen etwa in Österreich ca. 4 Tonnen Medikamentenrückstände täglich, ungefiltert, durch unsere Kläranlagen. Dass hier Antibiotika, Östrogene, Rheumamittel, etc. sich negativ auf die Biozenose auswirken, ist offensichtlich. Alleine die Hauptnahrung unserer Fische, nämlich Wasserinsekten, ist seit den 70er Jahren um über 75% zurückgegangen.
Was also sollen Fische fressen? Vorrangig wäre, in allen Klärwerken, die Errichtung einer vierten Reinigungsstufe notwendig (chemische Reinigung), um dieses Problem in den Griff zu bekommen.
Die Wassertemperatur der Ager – ein wesentlicher Problemfaktor:
Die Ager gehört zur Barbenregion. Ihr schnell fließender Charakter und die hohen Wassertemperaturen im Sommer, sind ideale Voraussetzungen für das Aufkommen von Barben, Döbel (Aitel) und anderen Weißfischarten. Auch der geschützte Perlfisch fühlt sich hier wohl. Die Mühlkoppe haben wir, als wichtigen Indikator und Beutefisch, wieder besetzt, wobei sich dieser Bodenrutscher sehr gut entwickelt. Die Wassertemperaturen, in den Sommermonaten Juli und August, werden zusätzlich durch Einleitungen der Lenzing AG (bis 3° über der Temperatur im Attersee) und durch sauberes Prozesswasser (bis 25°) der TKV (Tierkörperverwertung) erhöht. Wenn jetzt etwa der Attersee 23° C erreicht hat, wird das abfließende Oberflächenwasser noch zusätzlich aufgeheizt.
Dabei ist es aber in der Natur so, dass ein Gewässer immer kühler wird, je weiter man flussab geht. Der begleitende und zufließende Grundwasserstrom ist dafür verantwortlich. Habe ich zusätzlich Nebenarme, große Schotterbänke oder Mäander, wird dieser „cooling Effekt“ erhöht. Begradigungen und Staustrecken bewirken jedoch das Gegenteil. Vor allem die nachträglich eingebauten Barrieren, um weitere Eintiefung zu verhindern, führen zu weiterer Erwärmung und somit Sauerstoffzehrung. Lediglich die sommerkalte Vöckla drückt die Temperaturen der Ager etwas nach unten. In Extremjahren können jedoch im Hauptfluss immer noch über 22° C erreicht werden. Ein Maximalwert, der von den Salmoniden nur über kurze Perioden hinweg, toleriert werden kann. Forellen sind Kaltwasser-Fische, die sich zwischen 10-17° C am wohlsten fühlen. Ab 20° C stellen sie, normalerweise, die Nahrungsaufnahme ein und magern ab. Dieser periodisch anfallende Hitzestress führt leider auch dazu, dass sie beim nächsten Hochwasser abwandern. Auch ein Eskimo, in der Sahara ausgesetzt, würde auf schnellstem Wege wieder seine kühle Heimat, im Norden, aufsuche.
Laut Wärmelastplan ist jedoch ein Aufheizen des Flusses gestattet. Im Zeitalter des Energiesparens, würde ich es aber als sinnvoller erachten, das Warmwasser für Fernwärme zu nutzen. Auch Versickerungen in einem Schotterkörper wären möglich, denn diese würde das warme Abwasser auf ca. 10° C hinunterdrücken.
Wie kann man den Fischbestand halten?
Ständige, über das Jahr hinweg, durchgeführte Besatzmaßnahmen, sind der Schlüssel zum Erfolg. Gute Verteilung auf der ganzen Strecke und Gen-Material aus renommierten Fischzuchten tragen ebenfalls dazu bei. Daher werden heute nur mehr fangfähige Fische besetzt, die jedoch im Laufe ihres zweijährigen Daseins, in Teichanlagen, auf bestimmte menschliche Pflege und Hilfe angewiesen sind. Nachdem diese Fische es gewohnt waren, dass ihre Nahrung immer „vom Himmel fällt“, waren auch wir gezwungen, sie durch Zu-Fütterung nach dem Besatz, an ihren neuen Lebensraum anzupassen. Denn für den Fisch lautet die Devise: Nahrung geht vor Wohnung. Die in früheren Bewirtschaftungsjahren ausgesetzten Brutfische haben sich nur kurze Zeit gehalten und sind abgewandert oder den verschiedensten Fress-Feinden zum Opfer gefallen. Und teures Vogelfutter wollte ich nicht mehr besetzen.
Wie auch der Mensch nach einem Ortswechsel einige Zeit braucht, um sich in einer neuen Umgebung zurechtzufinden, so ergeht es auch dem Fisch. Das Vorhandensein von Futter bestärkt ihn in seiner Entscheidung, an Ort und Stelle zu bleiben. Bei Tieren beeinflusst immer der „Bauch“ ihr weiteres Verhalten. Auch die Fähigkeit, sich dem neuen Umfeld – vor allem der Strömung – anzupassen, ist durch Nahrungszugabe leichter zu bewerkstelligen. Daher hat einer der Fischzüchter, aufgrund meiner Initiative, parallel zu einem Mühlbach, einen Fließkanal errichtet. Durch Gitter geschützt, wachsen hier Forellen heran, die zumindest mäßige Strömung kennen und deren Fortbewegungs-Muskulatur sich in Ansätzen entwickeln konnte. Natürlich wäre es wünschenswert, hier die Fließgeschwindigkeit periodisch erhöhen zu können, um den Fisch besser zu konditionieren. Auch Lichtquellen, unter der Wasseroberfläche, in diesen Fließkanälen, würden natürlich Nahrung (Insekten) anlocken und so die Fische auf ihr zukünftiges Dasein, in Freiheit, vorbereiten. Vor Besatzmaßnahmen beobachte ich natürlich immer die Wetterprognosen, wobei dies jedoch, oft durch lokale Gewitterereignisse, in den Bereich des Nichtplanbaren einzuordnen sind. Überstehe ich zumindest zwei Wochen ohne Trübung und Erhöhung der Fließgeschwindigkeit, habe ich das Ärgste überstanden und die Fische konnten sich akklimatisieren. Natürlich bedeutet dies, für den Bewirtschafter, eine ständige Kontrolle und viel Zeit- und Arbeitsaufwand. Besatzfische in einen See zu kippen oder per Boot zu verteilen, ist wesentlich einfacher.
Flüsse sind wie ein Bahnhof. Es herrscht ständiges Kommen und Gehen. Je mehr Kraftwerke in einem Fluss sind, umso eher kann man von „Gehen“ sprechen.
Denn, wie ein alter Spruch so schön lautet: „Hohes Wasser (Hochwasser) nimmt den Fisch, kleines Wasser bringt den Fisch“. Zumindest war dies früher einmal so. Auch sind die vorhandenen Aufstiegshilfen nur zu 30% wirksam und auch die Möglichkeit, im gesamten Fluss-System hinauf und hinunter zu pendeln, wird durch unterschiedlich Bewirtschaftungsformen und Entnahmeregelungen konterkariert. Denn Forellen sind Mittelstrecken-Wanderer und anfällig für Migration (Laichzeit – Jungfischdrift). Im stehenden Wasser sind andere Maßstäbe, wie z.B., spezielle Schonung oder gezielte Entnahme wesentlich wichtiger, da sie nur einen begrenzten Wasserkörper betreffen.
Die Fischarten:
In den letzten Jahren habe ich, neben den Rainbows, auch vermehrt Bachforellen in die Ager gesetzt. Diese halten sich, zum Großteil, auch recht gut, wobei ich natürlich weiß, dass die hohen, sommerlichen Wassertemperaturen gerade diesen Salmoniden gar nicht gefallen. Eigentlich müssten wir die Sommermonate, Juli und August, für die Fischerei gänzlich sperren. Da hier alle Salmoniden einem enormen Hitzestress ausgesetzt sind. Doch gerade in dieser Jahreszeit haben viele Fliegenjünger Urlaub und wollen die Zeit auch für die Ausübung ihrer Leidenschaft nützen. Ich empfehle daher unseren Gästen, in den Vormittagsstunden fischen zu gehen, da sich hier die Wassertemperaturen noch im erträglichen Bereich, so um 17-18° C bewegen. Was ich allerdings immer wieder höre und auch persönlich bemerke, ist, dass Äschen in der Ager-Fliegenstrecke immer öfter gefangen werden. Der bei Hochwasser, aus der Vöckla abgewanderte Fisch, scheint sich bei uns, in letzter Zeit, immer wohler zu fühlen – trotz steigender Sommertemperaturen. Vielleicht ist hier der nachlassende Fraß-Druck, durch den Kormoran, verantwortlich für die gute Bestandsentwicklung.
Die Prädatoren an der Ager-Fliegenstrecke:
Neben den häufigen Aufgriffen von ausländischen Schwarzfischern in unserer Fliegenstrecke stellen die tierischen Nutzer unseres gepflegten Fischbestandes ein ständiges Problem dar. Der Einfall des Kormorans in den Wintermonaten, hat in letzter Zeit, allerdings merklich nachgelassen. Anscheinend führen die wärmeren Wintermonate dazu, dass der schwarze Vogel, entweder an den Donauarmen oder an den tschechischen Karpfenteichen der Moldauplatte, günstigere Überlebensbedingungen vorfindet. Auch die Zunahme von Corax carbo (Kormoran) im Mittelmeerraum, ist eventuell der Grund dafür. Was wir vermehrt wahrnehmen, ist die Anwesenheit von Gänsesägern und Fischottern.
Der Gänsesäger, mit seinen zahlreichen Nachkommen, von 10-14 Jungvögeln pro Brutpaar, wirkt sich vor allem auf den Jungfischbestand desaströs aus. Bis zu 4000 Brutfische verspeist ein Jungvogel, bis er flügge ist. Im Adult-Stadium benötigt der Vogel dann ca. 300 g Fisch/Tag. Eine Forelle in Pfannengröße ist daher gerade recht.
Von ganz anderem Kaliber ist jedoch der Fischotter. Ich schätze, dass in unserer Ager-Fliegenstrecke etwa drei Exemplare dieses Wassermarders leben. Zwei Fähen mit Jungtieren und ein Rüde. Nach wissenschaftlichen Schätzungen vertilgt ein Otter, neben anderen Beutetieren, ca. 300 kg Fisch/Jahr. Der Rest seines Speiseplans setzt sich aus Krebsen, Muscheln, Amphibien, Bisamratten, Entenküken und Eiern von Bodenbrütern, etc. zusammen. Otter sind äußerst bewegungsintensive, hektische Tiere und verbrauchen sehr viel Energie. Fressen ist daher ihre Lieblingsbeschäftigung. Es leben laut Schätzungen ca. 800 Fischotter in OÖ, wobei dieser Bestand vorrangig mit dem Besatzgeld der Fischer am Leben erhalten wird. Die Zubringer-Bäche in unserem Bundesland sind bereits, in Bezug auf größere Laichfische, durch den Ausfraß von Lutra lutra (Fischotter) stark in Mitleidenschaft gezogen worden. Dies zeigt sich auch durch den stark reduzierten Graureiher-Bestand, der gerade dort, ursprünglich seine Nahrungsgrundlage fand. Die Fischotter sind daher, aus Nahrungsmangel, in größere Gewässer abgewandert, wobei sich ihre Präsenz durch halb-aufgefressene Kilo-Fische im Uferbereich manifestiert. Fischotter sind Nachtjäger, die man nur selten zu Gesicht bekommt. Außer frisch ausgewilderte Tiere, die den Menschen noch nicht als Feind sehen. Diese sind auch während des Tages am Wasser unterwegs. In jenen Flüssen (z.B. Mur), in denen den Huchen gut gedeiht, ist das Überleben dieses Großsalms stark gefährdet. Immer wieder werden metrige Fische angeschwemmt, denen die halbe Schwanzflosse, bei Verfolgungsjagden, abgebissen wurden. Diese Salmoniden können sich nicht mehr in der Strömung halten und verhungern daher. Sowohl für Gänsesäger, als auch Otter, ist in OÖ der gute Überlebenszustand ohnehin bereits erreicht. Die Landesregierung ist daher gefordert, ein weiteres Anwachsen des Bestandes, durch gezielte Entnahme, zu verhindern.
Wohnungen braucht der Fisch:
Als ich die Ager übernahm, waren – außer einigen tieferen Rinnen in den wenigen Flusskurven – kaum Strukturen vorhanden. Extrem seicht und schnell fließend, zeigte sich der Fluss. Nur Barben konnten sich in der starken Strömung halten und in der Uferregion waren Aitel die dominierende Fischart. Aufgrund finanzieller Unterstützung durch den Sportanglerbund gelang es mir, den Gewässerbezirk (Flussbauleitung) davon zu überzeugen, dass Struktureinbauten absolut notwendig wären. Denn, warmes Wasser kann keinen Sauerstoff halten. Turbulenzen und Verwirbelungen können jedoch O2-Mangel kompensieren. Nachdem ich die entsprechende Planung von Strömungsbrechern, sowohl schriftlich als auch graphisch dargestellt hatte, kam das Okay der Flussbauer. Unser Verein hatte sich auch bereit erklärt, ein Drittel der Baukosten zu übernehmen. In der Folge wurden zwei Abschnitte, nämlich der Bereich „Schimpelwiese“ und „Märchenwald“ in Angriff genommen und – per Bagger – große Steinblöcke (Wasserbausteine) im Fluss versenkt. Ausweitungen und Retentionsräume waren, aufgrund der Besitzverhältnisse und des uferseitigen Abwasserkanals, leider nicht möglich. Doch die Kurz-Buhnen und Strömungsbrecher wurden, sofort nach Abschluss der Bauarbeiten, von den Fischen in Besitz genommen. Die Strukturen und Aufweitungen „der Spitzgeraden“ haben zwar die Firma Spitz bezahlt, doch für die Planung der „instream renovation“ war ich verantwortlich. Ich wollte durch Einengungen und der Platzierung größerer Lenkungs-Bunen, dem Fluss wieder einen natürlich pendelnden Verlauf geben. Dies ist mir, so glaub ich, auch gelungen. Tiefe Rinnen mit Seicht-Stellen und sogar kleinere Inseln wechseln sich ab und sind heute als leicht zu bewatende Trockenfliegen-Strecke sehr begehrt. Natürlich wäre eine Strukturierung mit Holz wesentlich naturnaher gewesen, aber dies hätte den Finanzrahmen gesprengt. Holz als Baustoff, wie z.B. Baumstämme mit Wurzelstock, sind biologisch verträglicher, als die – durch Sonnenbestrahlung aufgeheizten – Störsteine. Da muss man eben auch manchmal Kompromisse eingehen. Was sich jedoch, nach einiger Zeit, im gesamten Streckenabschnitt zeigte, war eine beachtliche Zunahme an Salmoniden. Hier hatten sie auch Schutz vor kleineren Hochwasser-Ereignissen gefunden.
Hochwasser und Kraftwerke:
Der „Klimawandel“ ist in aller Munde. Ein, meiner Meinung nach, heftig strapaziertes Reizwort, das vor allem für politisch motivierten Stimmenfang benutzt wird. Hitze- und Kälteperioden hat es immer schon gegeben. Sie sind im Laufe der Geschichte periodisch immer wieder kehrend. Zur Zeit der Römer und im Mittelalter war es besonders warm und in der Epoche der Völkerwanderungen froren die Germanen.
Die kleine Eiszeit ist wohl jedem ein Begriff und die Gletschervorstöße von 1860 und 1920 sind nicht wegzuleugnen. Dazwischen gab es aber immer wieder Hitzeperioden. Der rasche Wechsel von Kalt- und Warmphasen in den letzten 2000 Jahren ist bestätigt, sonst würde es derzeit nicht vom Eis konservierte Baumstämme aus unseren Gletschern ausapern. In den Kar-Mulden standen nämlich früher Wälder. Auch Hochwässer sind nichts Neues. Im 16. Jahrhundert stand das Wasser im Innenhof des Seeschlosses Orth ca. 3 Meter hoch. Und auch die zahlreichen Rutschungen in der Flysch-Region, hervorgerufen durch Dauerregen, sind eine unleugbare Tatsache. Hochwasser haben heutzutage eine immer verheerendere Auswirkung, da durch Bevölkerungszunahme und Bautätigkeit, Versiegelung und Verdichtung der Böden das Wasser nicht mehr versickern kann. Vermeintlicher Hochwasser-Schutz in den Zubringerbächen, durch „Abflussertüchtigung“ in früheren Jahren errichtet, führt zu Überschwemmungen im Mittel- und Unterlauf der Flüsse. Trocken gelegte Sümpfe und drainagierte Wiesen und Felder können kein Wasser mehr aufnehmen. Aus hydrologischer Sicht, sollte man die Fluten im Oberlauf zurück halten.
Früher ist das Wasser langsam gestiegen und wieder rasch verschwunden. Heute ist es genau umgekehrt. Der moderne, rezente Hochwasserschutz weiß das zwar, jedoch sind ihm die Hände gebunden, da es sonst Enteignungen geben müsste (z.B. Eferdinger Becken). Politiker, die mit neu eingekauften Gummistiefeln, bei Hochwasser nur in der Gegend herumstehen, beteuern immer wieder, man müsse den Flüssen mehr Raum geben. Dies sind nichts als Lippenbekenntnisse, nur um die eigenen Versäumnisse zu vertuschen. Hagelschäden hat es auch schon immer gegeben. Allerdings ist die Zersiedelung der Landschaft, in den letzten 30 Jahren, um das 5fache gestiegen – somit auch der Schaden. Auch die Ager spürt diese Stoß-Hochwässer. Zwar haben wir, durch Einbauten, die Abdrift der Fische etwas reduzieren könne, doch der tsunamiartige Anstieg des Pegels – von 1,5 auf über 3 Meter – kostet vielen Forellen das Leben. Die Pegelstände sind im Internet unter hydro.ooe.gv.at abrufbar. Auch die tägliche Wassertemperatur ist dort und auf der Website des Sportanglerbundes ersichtlich. Übrigens wird 2022, im Mündungsbereich der Vöckla in die Ager, eine Flutmulde errichtet, um anfallende Wasser-Hochstände abfangen zu können. Auch die Fasanen-Au in Schalchham wird durch einen revitalisierten Mühlbach aufgewertet. Eine Maßnahme, die ich begrüße, da hier kaltes Sickerwasser wieder in die Ager zurückfließen kann. Auch die Möglichkeit, in diesem Abschnitt, zwischen der 145er Brücke und dem „Z‘sammschlag“ neue Strukturen zu errichten, liegt im Bereich des Möglichen.
E-Mobilität:
Auch die Ager ist von neu errichteten Wasserkraftanlagen nicht verschont geblieben. Der vermeintliche „Heilsbringer“ – die E-Mobilität – führt dazu, dass in Österreich bald jeder Fluss-Kilometer zur Stromgewinnung herangezogen wird. Als ob 7000 Wasserkraftwerke nicht schon genug wären. Derzeit stürzt man sich noch, mit Vehemenz, auf die verbliebenen Kleingewässer, um auch dort noch einige Watt herauszupressen. Diese haben jedoch den Wirkungsgrad einer besseren Klo-Spülung. Amortisationszeiten von 50 Jahren werden angedacht. Dabei sollte man bedenken, dass eine Stau-Anlage, durch Ansammlung von Laub, Algen und anderen organischen Stoffen, zum Methangas-Produzenten wird. Methan ist übrigens 24 Mal umweltschädlicher als CO2. Und anstelle der Abgas-produzierenden Viehbestände in Österreich, stünden ja über 1 Mio. Gnus und Zebras in der Serengeti als kulinarische Alternative zur Verfügung.
Die Veränderungen im Fließ-Kontinuum, die Begradigungen und Eintiefungen im Unterwasser-Bereich und die Sauerstoffzehrung sowie Erwärmung oberhalb der Barriere, werden bewusst ignoriert. Und Stauraum-Spülungen stellen auch eine Alternative dar. Ich habe in Montana (USA) kilometerlange Lastzüge gesehen, die beladen mit Kohle, in Richtung Pazifikküste unterwegs waren – Nachschub für ca. 1600 Kohlekraftwerke in China und Indien. Dass wir, hier in Österreich, bei verstärktem Pushen der E-Mobilität nicht ohne Atom- und Kohlestrom auskommen werden, liegt auf der Hand. Black Outs wird es daher bei uns öfter geben. Die Entwicklungs- und Schwellenländer wird’s freuen, das sie auf billigere Erdöl-Produkte, die wir nicht mehr benützen dürfen, zurückgreifen können. Knatternde Windräder vor der Haustür und im Winter schneebedeckte PV-Paneele werden Dächer und Wiesen in Österreich zieren.
Europas Anteil an den Treibhausgasen beträgt 8 Prozent. Die EU wird die Welt nicht retten können. Ihr „Grüner Deal“ wird zum Schuss ins eigene Knie (nach K.P. Schwarz). Dabei akzeptiert man die Degradierung und Umwandlung einstig funktionierender Bachlandschaften zu Stausee-Ketten im Badewannenformat. Wo bleibt da die EU-Wasserrahmenrichtlinie, mit ihrem Verbot der Verschlechterung und dem Gebot der Verbesserung an Bächen und Flüssen. Ein Gesetz, das zum zahnlosen Tiger wurde. Daher verstehe ich auch die Beweggründe der Leute von „Extinction Rebellion“, die gegen das jährliche Verschwinden unzähliger Tierarten demonstrieren und dafür auf die Strasse gehen. Natürliche Ufer, strukturreiche Flüsse, fließendes Wasser und die darin lebenden Tiere werden von der profitgierigen Gesellschaft ausgeblendet.
Fische können nicht auswandern. Sie sind an ihr nasses Element gebunden. Ihr Sterben ist leise. Sie verschwinden einfach. Und niemanden, außer einigen „Verrückten“, berührt das.
Resümee:
Trotz aller Widrigkeiten und Negativ-Entscheidungen um uns herum, sind wir froh, in der Ager-Fliegenstrecke immer noch die Flugrute schwingen zu können. Die Strukturen des Flusses sind eine Augenweide, da sie sich an manchen Stellen, wie in einem Gebirgsfluss präsentieren. Ein neuer Wanderweg führt am Ufer entlang und wird von vielen Menschen genutzt. Leider wird die umliegende Landschaft, abseits des Auwaldes, immer mehr für Siedlungsbauten herangezogen. An der Ager findet man immer noch Ruhe, Naturräume und Plätze, die zum Verweilen und Besinnen einladen. Der Fischbestand wird von uns gepflegt und gehegt, wobei ich von vielen, vor allem auswärtigen Gästen, immer wieder höre, die Ager habe sich zu einem der besten Flüsse Österreichs entwickelt. Kilo-Fische, die trotz der starken Strömung im Drill gewaltigen Widerstand leisten und oft ins Backing gehen, sind nichts Außergewöhnliches. Ständige Kontrolle und gezielte Besatzmaßnahmen sowie Gewässerpflege verlangen ständiges Engagement. Der Geld- und Zeitaufwand ist gewaltig, aber auch Hirnschmalz und sofortige Reaktion, auf sich plötzlich ändernde Umstände, sind gefragt. Ca. 15 Jahre hat es gebraucht, um die Ager auch international bekannt zu machen. Vor allem ist es auch die positive Mundpropaganda, die hier wirkt. Ich möchte daher, sowohl dem Verein für seine mentale und finanzielle Unterstützung als auch meinen engagierten Helfern danken. Ohne sie wäre all das nicht machbar gewesen. Ich hoffe, dass wir noch möglichst lange, an diesem gepflegten Gewässer unserer Leidenschaft, dem Fischen mit der Kunstfliege, nachgehen können.