Selektives Laichfischen mit der Angel auf Maränen am Irrsee im Dezember 2019.
Ein in Österreich einmaliges Projekt für den Erhalt einer eigenständigen Maränenpopulation.
Unser erklärtes Hauptziel ist keine Vermischung von Besatzmaterial mit Fischen aus anderen Gewässern. Dieses Vorhaben wurde auch im Rahmen der jährlichen Untersuchungen vorgeschlagen und wird vom Sportanglerbund Vöcklabruck seit 2011 durchgeführt. 2010 war somit der letzte Besatz mit 1400 Stück 2 und 3sömmrigen Maränen. Unser Bestreben geht daher in die Richtung, die Erhaltung eines reinen, seeeigenen Bestandes zu gewährleisten. Ob mit dieser Strategie am Irrsee ein eigenständiger Maränenstamm entsteht, das wird man erst in einigen Jahren feststellen können. Interessant wäre in dieser Sache auch, ob und wie sich die Irrseerenke von der ursprünglich besetzten Maräne aus Heidenreichstein genetisch differenziert. Wir sind auf jeden Fall auf einem sehr guten Weg. Denn der Bestand, die Menge und Größe der ausgefangenen Maränen sind ja, belegt in unserer Ausfangstatistik, beständig auf einem hohen Niveau. Und wir haben es dank unserer Laichfischerei selbst in der Hand, diesen Bestand für nachkommende Generationen zu erhalten. Das in der Vergangenheit vielfach praktizierte Einsetzen von Maränen fremder oder unbekannter Herkunft wird künftig jedenfalls unterbleiben.
Das Laichfischen auf Maränen geht jetzt schon in das 9te Jahr. Selbstverständlich bekommt man mit den Jahren auch mehr Erfahrung. Besonders was den Zeitpunkt des Ablaichens betrifft. Wir konnten jetzt schon einige Jahre beobachten, dass in der ersten Dezemberwoche zwar auch Maränen gefangen wurden, jedoch fast nur männliche Fische. Denn auch bei den Maränen gibt es das typische Laichverhalten vieler ablaichenden Süßwasserfische. Zuerst sind fast nur Männchen am Laichplatz und die Damen lassen sich noch bitten. Und genauso schaut auch das Fangergebnis dann aus. Da unser Ziel aber die laichreifen und rinnenden Rogner sind und diese erst bei 6°C vermehrt auftreten, heißt es noch warten. Ja, auch beim Laichfischen ist Geduld gefragt. Erfahrungen bringen ja nur etwas, wenn man sie auch nützt. Und so wurde heuer der Start erstmals um eine Woche auf den 6. Dezember verschoben. Denn das natürliche Ablaichen der Maränen in einem See kann der Mensch ja Gott sei Dank nicht steuern. Hier gelten noch die Gesetze der Natur. Anscheinend verändert, die nicht mehr zu bestreitende Gewässererwärmung, jedoch den Zeitpunkt der Laichreife von Coregonen. Man kann es ja kaum glauben, aber wenn die Wassertemperatur nur ein bis zwei Grad zu hoch ist, kann dieser Umstand sprichwörtlich hochgradig über Erfolg und Misserfolg der Eigewinnung entscheiden.
Aber auch im Umgang mit den gefangenen Fischen hat sich in den letzten Jahren einiges getan. In Fliegenfischerkreisen schon lange in Verwendung, werden auch von den teilnehmenden Laichfischern fast nur noch gummierte Schonkescher verwendet. Es gab zwar auch hier Ausnahmen, aber an dieser Stelle sei erwähnt, dass mit großer Wahrscheinlichkeit ab 2021 diese Kescher für die Maränenfischerei am Irrsee verpflichtend werden. Besonders das Schuppenkleid und die Schutzschicht (Schleimhaut) der gefangenen Milchner, diese werden ja beim Laichfischen fast alle wieder zurückgesetzt, werden durch diese Kescher geschont. Und diese Tatsache allein sollten jedem Angler die Umstellung von den Nylonnetzen ein paar Euro wert sein. Es war zwar im vergangenen Jahr schon ein Trend zu den Schonkeschern zu erkennen, doch ein paar uneinsichtige Angler müssen es anscheinend erst in der Betriebsordnung lesen, um ihnen ein Umdenken zu erleichtern.
Doch zurück zum Laichfischen und der heuer vorherrschenden Wetterlage. Diese lässt sich mit einigen Worten leicht beschreiben. Es war Frühling im Dezember. Bis auf einige Regentage mit Minusgraden wurden wir mit regelrechten Frühlingstemperaturen verwöhnt. Störend war nur ein tageweise derart starker Fönsturm, der das Fischen, zumindest vom Boot aus unmöglich machte. Gefischt wurde vom Boot als auch vom Ufer. Die Mündungsbereiche des Zeller und Ramsauer Baches waren auch 2019 die bevorzugten Laichgebiete der Irrseemaränen. Kurze Versuche an anderen Stellen waren nicht erfolgreich. Anscheinend konzentriert sich der Hauptanteil der laichenden Maränen auf die schon genannten Bachmündungen. 15 Tage lang haben sich hier etwa 10 Angelfischer dieser Herausforderung gestellt. Und wie jedes Jahr stand auch heuer die große Frage im Raum. Wann, wo und wie gut werden die laichreifen Maränen heuer auf unsere Köder gehen? Die Statistik von 9 Jahren Laichfischen spricht eine eindeutige Sprache und wird durch diese Grafik auch bestätigt. In 9 Jahren konnte eine unglaubliche Menge von 1621 Rogner gefangen werden. Das bedeutet eine Laichmenge von 204 Liter. Und wie man erkennt ist ab der zweiten Dezemberwoche das Ablaichen der Irrseemaränen voll im Gange.
Die Verschiebung um eine Woche hat sich auf jeden Fall bewährt. Denn schon am ersten Wochenende konnten 37 wertvolle Rogner zum Teil abgestreift und gehältert werden. Nach 3 Tagen schon 1,6 Liter Laich, dieses erste Zwischenergebnis war natürlich schon richtungsweisend. 2018 hatten wir zu diesem Zeitpunkt erst 0,5 Liter Laich gewonnen. Die Abkühlung des Irrsees auf 6°C hatte die laichenden Maränen jetzt richtig in Stimmung gebracht. Man merkte auch sofort am Geschlechterverhältnis der ausgefangenen Fische, das jetzt vermehrt Rogner am Laichplatz anzutreffen waren. Die Reproduktion der Irrseemaränen steuerte jetzt ihrem Höhepunkt zu. Es ist auch anscheinend so, dass Maränen nur dort, wo sie auch ablaichen, an die Hegene gehen. Das hat mit Sicherheit auch mit ihrem Laichverhalten und das anschließende Fressen des Laiches zu tun. Es fällt auch auf, dass die Maränen nicht durchgängig gut beißen, sondern nur, wenn augenscheinlich wieder ein Rogner seine Eier abgegeben hat. Wir können diese Theorie durch Echoaufzeichnungen und Aufnahmen mit einer Unterwasserkamera auch ganz gut belegen. Wenn ein Weibchen abgelaicht hat, stürzen sich von allen Seiten Maränen beiden Geschlechts auf die zu Boden sinkenden Eier und verfallen in einen regelrechten Fressrausch. Jetzt sind auch Dubletten keine Seltenheit. Dieses Verhalten ist durch ein kurzes Video am Ramsauer Bach auch dokumentiert. Jetzt ging es auch mit den Fängen aufwärts. Der Spitzenwert 2019 pro Tag waren 137 Maränen, wobei 36 wertvolle Rogner in der Konsortiums Hütte für das Abstreifen gehältert und ruhiggestellt wurden. Gefangen mit der Angel und nicht mit dem Netz. Denn nur so kann man die nicht benötigten Fische wieder releasen. Denn für uns als Bewirtschafter und Fischer des Irrsees bedeutet Laichfischen noch das, was uns dieses Wort auch sagt. WIR WOLLEN DEN LAICH UND NICHT DAS FLEISCH DER ABLAICHENDEN FISCHE. Erstaunlich war, und da waren sich alle Teilnehmer einig, die hohe Anzahl und Größe der ausgefangenen Maränen. Da fragten sich nicht wenige, wo denn diese Fische im Sommer waren.
337 Stück Rogner und 923 Milchner wurden gefangen und abgestreift. Dieses selektive Laichfischen ist aber nur mit der Angel möglich und der Irrsee ist das ideale Gewässer für diese Art der Laichgewinnung. Auch bei der täglichen Laichgewinnung gab es einen neuen Spitzenwert. 3,5 Liter Laich ergaben nach der Belebung der Eier und dem Aufquellen 7 Liter Laich die wir in der Brutanstalt Kreuzstein abliefern konnten. Wobei wir gleich beim nächsten Thema wären. Eine eigene Brutanlage am Irrsee war ja ein langgehegter Wunsch der Bewirtschafter. Betonung liegt auf war. Denn 2019 wurde dieser Wunsch realisiert. Da am Attersee die Brutanlage stillgelegt wurde, konnte das Konsortium Zeller Irrsee diese erwerben und am Irrsee in Betrieb nehmen. Vielen Dank an dieser Stelle an alle, die für diese Sache administrativ und arbeitsintensiv tätig waren und sind.
Als zusätzliches Service für unsere Mitglieder wurden auch zwei Webcams in der Brutanlage montiert. Jeder interessierte Angler kann sich daher jederzeit im Live Modus über die Entwicklung der Maräneneier informieren. Und als Krönung kann man die geschlüpften Maränenlarven mit einer, ins Rundstrombecken gelegten, Unterwasserkamera beobachten. Einfach auf der SAB Homepage unter Gewässer – Zeller/Irrsee – Webcam Bruthaus markieren und mit der rechten Maustaste – Link (Firefox) in neuem privatem Fenster öffnen – und anklicken. Wir sind uns sicher, dass auch diese Innovation ein absolutes Novum in Österreich ist. Ein detaillierter Bericht wird in einem der nächsten Journale veröffentlicht. Erstmalig wurde heuer auch für die männlichen Fische ein Netzgehege verwendet. Dadurch waren wir in der Lage eine gewisse Menge Milchner über eine längere Zeit zu hältern und mehrmals für die Befruchtung zu verwenden. Dadurch konnten alle nicht benötigten männlichen Maränen unverzüglich zurückgesetzt werden. Wenn man sich die Ausfangzahl der Milchner von 923 Stück ansieht, so kann man sich unschwer vorstellen, wieviel Fische ohne Berührung bei der Abgabe ihrer Laichprodukte wieder in den See zurückkamen. Das heißt in unserem Fall schonendes Zurücksetzen. Da waren Exemplare von weit über 50 cm dabei, die auch weiterhin einem Angler an die Hegene gehen können. Selbstverständlich wurden auch die weiblichen Fische entsprechend in einem Netzgehege gehältert. Das Netz war notwendig geworden, da etliche Rogner nach dem Fang noch einige Tage zur Eiabgabe brauchten. Damit sind wir auch in der Lage, die gehälterten Maränen, schon vor dem eigentlichen Abstreifvorgang, auf ihre Laichreife zu untersuchen. Wenn ein Rogner nicht auf den leichten Druck bei der Voruntersuchung reagiert, kommt er umgehend wieder in das Netzgehege zurück. Wir ersparen dem Fisch damit einen, mit großer Sicherheit, nicht zielführenden Abstreifvorgang. Der Fisch wird nicht unnötig gestresst und kann in Ruhe heranreifen. Es ist immer wieder ein kleines Erfolgserlebnis, wenn ein Rogner, der sich vor ein paar Tagen noch gesperrt hat, plötzlich rinnt und einen für uns perfekten reifen Laich abgibt. Denn nur diese hohe Laichqualität ist die Voraussetzung für einen perfekten Bruterfolg. Doch wie funktioniert unsere Abstreifmethode. Wir bevorzugen das sogenannte trockene Abstreifen.
Der Abstreifvorgang passiert wie folgt. Ein reifer Rogner wird vorsichtig abgetrocknet, über eine trockene Schale gehalten und sein Rogen durch sanftes Streifen des Bauches, vom Kopf ausgehend, in die Schale entleert. Zweckmäßig ist dabei Kopf und Schwanz so zu biegen, dass der Bauch gespannt ist. Übermäßigen Druck sollte man vermeiden, da damit auch verklumpte unreife Eier, Schuppen oder Schleim in die Schüssel gelangen. Eine vermehrt auftretende Verpilzung wäre die Folge. In gleicher Weise wird ein Milchner über den Laich gehalten und mit seiner Milch befruchtet. Für 5 Rogner werden 1 bis 2 Milchner benötigt. Um die genetische Vielfalt zu sichern, kann man aber auch mehr Milchner verwenden. Durch eine leichte Bewegung der Schüssel wird jetzt die Milch ohne Berührung mit den Eiern vermischt. Einen großen Anteil an einem perfekten Ergebnis hat die anschließende Belebung der befruchteten Maräneneier. Für diesen Vorgang nehmen wir uns viel Zeit. Die Schüssel wird mit jetzt frischem Seewasser befüllt. Mit einer Feder wird der Laich vorsichtig umgerührt. So kommt jedes einzelne Ei mit der Milch in Berührung. Die jetzt noch trübe und milchige Flüssigkeit wird so lange gewechselt bis das Wasser klar ist. Bei diesem Vorgang werden auch Schmutzpartikel, wie Schuppen und verklumpte Eier mit ausgewaschen. Jetzt sind die Fischeier aufgequollen und bereit für die Erbrütung in den Zugergläsern. Da ja viele Angler nicht wissen was Zugergläser eigentlich sind und wer diese Methode der Erbrütung erfunden, hat gibt es hier eine kurze Beschreibung.
Info: Die Erfindung der so genannten «Zugergläser» Der Amerikaner Wilmot hatte als Erster eine Einrichtung entwickelt, die die Coregoneneier durch starke Bewegung gesund erhielt: Er benutzte einen Trichter, bei dem am unteren, engen Ende Wasser einfloss und eine relativ starke Strömung erzeugte. Tote Eier werden nach 1–2 Tagen spezifisch leichter und konnten durch kurzfristige Strömungserhöhung mit dem oben überfließenden Wasser abgeschwemmt werden. Das Gerät wurde «Selfpicker», das heißt «Selbstausleser», genannt. Während einer Fischereiausstellung in London haben die Herren Weiss aus Zug und Pfyffer aus Zürich diese Art der Brütung gesehen und sie in der Schweiz eingeführt, was zum Aufbau von Felchenzuchten in Zürich, Zug, Luzern und Genf führte. Aus diesem Prinzip heraus entwickelte der Zuger Berufsfischer Michael Speck zusammen mit dem Stadtrat Christian Weiss die so genannten «Zugergläser» (ab 1882). Der Sohn des Letzteren, August Weiss, brachte diese um 1890 erfolgreich in den Handel. Noch heute sind die Zuger Brutgläser die bevorzugten Brutbehälter für Coregoneneier.
Quelle: https://www.augustaraurica.ch
45 Liter wertvoller Laich waren der Lohn für 3 Wochen harten Einsatz. 40 Liter wurden, wie jedes Jahr, den Profis der Brutanstalt Kreuzstein übergeben. 5 Liter werden erstmalig in unserer Brutanlage am Irrsee erbrütet. Hier haben wir derzeit keine Möglichkeit den Zeitpunkt des Schlupfes zu steuern, sondern wir arbeiten nur unter dem Kommando der natürlichen Gegebenheiten. Soll heißen. Die Maränenlarven bestimmen den Zeitpunkt ihres Schlupfes selbst und wir übernehmen nur die Betreuung. Wir werden sehen ob und welchen Erfolg wir mit dieser erstmaligen Erbrütung haben. Auf jeden Fall werden wir unsere Mitglieder auf dem Laufenden halten. Wir wollen und werden bei der Laichfischerei jedoch auch in Zukunft nicht auf Rekordjagd gehen. Sondern immer nur ein Ziel vor Augen haben. Und das kann nur die Bestandserhaltung der Irrseemaräne durch Besatz mit eigenen Fischen und keine Vermischung von Besatzmaterial mit Fischen aus anderen Gewässern sein. 45 Liter Laich bedeuten auch einen voraussichtlichen Besatz von einer noch nie dagewesenen Menge von ca. 1,7 Millionen Brütlingen für den Irrsee. Damit sollte auch für die Zukunft eine hervorragende Fischerei auf die Irrseemaräne gesichert sein.
Der SAB und das Konsortium Zeller/Irrsee bedanken sich bei dem Team der Aufzuchtstation Kreuzstein nicht nur für die hervorragende Zusammenarbeit, sondern auch für die vielen Tipps und Ratschläge für unser gemeinsames Ziel. Die Erhaltung der Fischartengemeinschaft am Irrsee.
Petri Heil
Rudolf Mikstetter im Namen aller teilnehmenden Laichfischer