Wir fordern ein ökologisches Gleichgewicht zwischen Fisch- und Vogelschutz. Von Mag. Roman Moser.
Fotos: FM Wolfgang Hauer, Albert Pesendorfer
Verbreitungsgebiete:
Als gäbe es nicht schon genug Probleme, haben Vogelschützer es sich zur Aufgabe gemacht, Brutkästen für einen weiteren Fischfresser zu installieren – nämlich für den Gänsesäger. Es wurde auch an Stacheldraht gedacht, um ihn vor seinen natürlichen Feinden (Marder) zu schützen. Dieser Tauchvogel ist – von Bayern ausgehend – auch bei uns in Österreich, vermehrt an Bächen, Flüssen und Seen anzutreffen. Mergus merganser ist sein lateinischer Name. Er ist größer als eine Stockente, besitzt ein hakenförmig umgebogenes Schnabelende – ähnlich dem des Kormorans. Zusätzlich weist dieses Greiforgan eine – an beiden Seiten verlaufende, sägezahnähnliche – Randleiste auf, um die glitschige Beute besser festhalten zu können. Daher auch sein Name: Säger Seine kräftigen Beine sind am Ende mit Schwimmhäuten versehen, die er nicht nur zum Tauchen, sondern auch für schnelles Laufen über die Wasseroberfläche einsetzen kann. Das Männchen zeigt im Kopf- und Halsbereich und am Rücken ein schwarzes Federkleid. Hingegen sind Brust, Bauch und der Unterteil des Halses weiß gefärbt. Der weibliche Vogel hingegen, ist im Kopf- und Halsbereich von rötlich-braunen, der übrige Körper, von aschgrauen Federn bedeckt. Sehr markant ist der Federschopf, den beide Geschlechter aufweisen. Nach der Mauser, im Sommer, zeigen auch die männlichen Tiere ein braun-graues Schlichtkleid und sind von den weiblichen nicht mehr zu unterscheiden. Lediglich zur Balz und vor der Brutperiode legen die Erpel das schwarz-weiße Prachtgefieder an. Im Winter findet man den Gänsesäger oft im Rudel, nach Jahrgängen getrennt, an eisfreien Seen oder Flüssen.
Das Brutgeschehen:
Charakteristisch für diesen Vogel ist, dass er als Höhlenbrüter in Fels- und Mauerlöchern, in Astlöchern und in Kopfweiden seine Eier legt. Seine Nachkommenschaft ist im Vergleich zu anderen Schwimm- und Tauchvögeln zahlenmäßig sehr hoch. 15-17 Jungvögel hat man schon gezählt, die bereits nach wenigen Tagen beginnen, sich von Jungfischen zu ernähren. So, wie die Schellente, mit der dieser Fischfresser oft verwechselt wird, sind nur die weiblichen Tiere von Mergus merganser für die Aufzucht und Betreuung des Nachwuchses verantwortlich. Gänsesäger können dabei – obwohl sie sehr um ihre Jungen besorgt sind und sogleich flüchten – in manchen Situationen extrem zutraulich werden. An der Isar, im Münchner Stadtgebiet, an stark frequentierten Wanderwegen entlang von Flüssen oder an Badeplätzen an den Alpenseen, haben sie – da ja ganzjährig geschützt – die Angst vor Menschen völlig verloren. Da sie nicht gejagt werden dürfen, haben sie jegliches Fluchtverhalten aufgegeben, wobei dies auch für Jungvögel gilt. Die Mutter prägt ja ihr zukünftiges Verhalten. Die Brutzeit des Gänsesägers fällt in die Monate März und April, wobei das weibliche Tier bis zu 35 Tage auf dem Gelege sitzt. Die Jungvögel hüpfen nach dem Schlupf von oft großer Höhe aus der Bruthöhle auf den Auboden oder direkt ins Wasser und beginnen danach, sofort zu tauchen und zu fressen. Das Alttier zeigt ihnen vor allem die Jagdtechnik und wie und wo man Jungfische erbeuten kann. Dabei stecken sie oft – und das praktizieren auch erwachsene Vögel – auf der Suche nach Beute nur den Kopf unter die Wasseroberfläche. Haben sie Fische entdeckt, treiben sie diese durch schnelles Verfolgungspaddeln bis ans Ufer oder unter größere Flusssteine, um dort die in die Enge getriebenen Schuppenträger durch plötzliches Abtauchen mit dem Schnabel zu ergreifen und aus ihrem Versteck zu ziehen. Erwachsene Vögel können bei der Nahrungsjagd bis zu 5 Meter tief tauchen und bis zu einer Minute unter Wasser bleiben. Dabei wird jedes potenzielle Fischversteck genau abgesucht.
Nahrung:
Der Gänsesäger braucht pro Tag im Minimum ca. 300 Gramm Fisch, was hochgerechnet, pro Monat, bis zu 10 Kilogramm an Beute ausmacht. Vor allem in Salmoniden-Gewässern richtet dieser Tauchvogel großen Schaden an. Gerade dort ist es die Äsche und deren Brut, die besonders arg in Mitleidenschaft gezogen wird. Die Äsche, als Freiwasser-Fisch, weist nämlich ein stark reduziertes Fluchtverhalten auf und ist deshalb aufgrund von Ausfraß durch Kormoran, Gänsesäger und Fischotter in ihrem Bestand extrem gefährdet.
Ein Negativbeispiel:
Die österreichische Bundesanstalt für Fischerei und Gewässer in Scharfling/Kreuzstein hat einen Gänsesäger-Jungvogel bis zu seiner Flugfähigkeit aufgezogen, bzw. durchgefüttert – und zwar mit Jungfischen. Was meinen Sie, wie viele Fische dieser Vogel in 2 Monaten vertilgt hat?
Man glaubt es kaum, wenn man das hört: es waren sage und schreibe über 4.000 Jungfische (Brütlinge).
Dass bei diesem enormen Appetit (schlechter Futterverwerter) die Anzahl der Beutetiere bei 15 Vögeln auf 60.000 Flossenträger anwächst, ist kaum vorstellbar. Daher begeben sich auch die weiblichen Gänsesäger aus ihrem Brutrevier, im Oberlauf der Bäche und Flüsse, zusammen mit ihrem Nachwuchs, immer stromab oder suchen, unter ständigem Revierwechsel, immer neue Ausfraß-Zonen. Sie suchen also immer Gebiete, wo der Fischbestand noch nicht vergrämt oder ausgedünnt ist. Dass hier vor allem die Jungäsche bei uns im Alpenraum nicht mehr hochkommen kann, ist den Vogelschützern, deren Mitgefühl für andere Lebewesen an der Wasseroberfläche aufhört, völlig egal.
Reaktion:
In den letzten 20 Jahren ist der Tierschutz in Europa stetig und meiner Meinung nach überbordend gewachsen. Vor allem die urbane Bevölkerung steht massiv dahinter. Es ist höchste Zeit, dass die Landesfischereiräte alles daransetzen, dass das Aufstellen von Brutkästen untersagt wird. Auch eine befristete Bejagung dieses fischvernichtenden Tauchvogels, sollte schon längst und vor allem in Salmoniden-Strecken, gestattet sein. Denn ansonsten verschwinden noch die letzten Restbestände von Thymallus thymallus aus unseren Alpenflüssen.