Sind 5.200 Wasserkraftanlagen in Österreich nicht schon genug? Der Niedrigwasserstand 2015 hat ja gezeigt, wie sehr die Kleinkraftwerksbetreiber darunter leiden.
Von Mag. Roman Moser.
Solche Anlagen sind absolut nicht mehr rentabel, zumal sogar Großanbieter Probleme haben, ihren Strom gewinnbringend an den Mann zu bringen. Alleine die hohen Förderungen schienen in der Vergangenheit alle Kraftwerksprojekte rentabel zu machen. Doch die Zeiten haben sich geändert. Der negative Einfluss auf die Biozönose (alle Wasserlebewesen) von Querbauwerken und die Verwandlung von Flüssen in Stauseeketten ist unumstritten. Auch die verpflichtenden Aufstiegshilfen werden nur von 30 % der Fische angenommen. Und die Schlammablagerungen im Staubereich verursachen eine verstärkte Methangasproduktion (Faul-schlamm), die ja 25 x schädlicher als die CO² Emission ist. Hier beißt sich die Katze in den Schwanz und die angestrebte Vollbeschäftigung und Wertschöpfung wandelt sich zum ökologischen Bumerang. Trotzdem wird kräftig weitergebaut, denn wohin mit dem Geld? Die Sparzinsen sind im Keller und Aktienerwerb eine unsichere Wertanlage. Strom so denkt man, wird immer gebraucht, auch dann, wenn die Drähte glühen und Überlandleitungen durch Anrainerproteste verzögert werden. Nicht nur das Unterbrechen des Fließkontinuums wirkt sich schädlich auf alle Wanderfischarten aus, auch die fallweisen Stauraumspülungen haben fatale Folgen (siehe Malta- und Murkraftwerke). Nach Rückgang der Flutung steckten die meisten Fische mit dem Kopf im Schlamm. Und auch alle Kleinlebewesen und Nährtiere unter den Steinen waren erstickt. Es dauert Jahre, bis sich das Benthos wieder erholt. Auch die andauernden Baggerungen bei der Errichtung von Kraftwerken, oder langwierige Sanierungen im Fluss aus hochwassertechnischen Gründen, führen zu ständiger Siltation und Schlammdrift. Diese phasenweisen Trübungen können zwar von den Fischen leichter verkraftet werden, wobei jedoch gerade die Regenbogenforelle, als reiner Sichtjäger, die größte Probleme hat. Reduzierte Nahrungsaufnahme und Gewichtsverlust sind die Folge. Doch wesentlich gravierender sind die Auswirkungen für bodengebundene Kleinfische, wie Schmerle und Mühlkoppe und jene Insektenlarven, die unter den Flusssteinen leben. Auch der Forellenlaich, extrem empfindlich was Verschlammung anbelangt, stirbt ab und ganze Jahrgänge fallen somit aus. Auf Grund der reduzierten Strömung in grundnahen Schichten, lagert sich unter und hinter den Flusssteinen eine dicke Schlammschicht ab. Auch der Lückenraum (Interstitial) wird verstopft und es entsteht ein dichter, betonartiger Überzug, in dem der Flussschotter wie einzementiert liegt (Kolmatierung). Vor allem bei längerem Niedrigwasser sind die Folgen für Kleinlebewesen katastrophal. Sie verlieren nicht nur ihren Lebensraum, auch die Atmungsorgane, wie Tracheen oder Stigmen (Atmungsöffnungen) werden ständig verlegt. Der Flussboden wird sterilisiert und verliert jegliche biologische Funktionsfähigkeit. Zwar kommt es auch bei Hochwasser zu Trübungen, doch transportiert die starke Strömung die Schlammfracht kontinuierlich weiter. Zur endgültigen Ablagerung kommt es dann in den Staustrecken vor Kraftwerken, oder in Überflutungszonen (siehe Sand- und Schlammab-lagerungen im Eferdinger Becken bei den letzten Hochwasserereignissen).
Ackererde
Doch woher kommt dieser Schlamm? In der Vergangenheit hat man im Zuge der Flussbe-gradigungen, um mehr Agrarland zu erhalten, das Wassergut (öffentliches Gut, das zum Fluss gehört) bis an die Kante zum Gewässer zurückverlegt. Somit war es für die Landwirte möglich, ihre Felder fast bis an die Wassernaht auszudehnen. Jeder Quadratmeter wurde genutzt. Jegliches ufergebundene Gebüsch oder Weichholzgewächs wurde gerodet und so der begleitende Auwaldstreifen, als auch Gräser und Wurzelwerk entfernt. Nicht nur, dass dieser Pflanzensaum viele nützliche Tiere beherbergt, auch die Filterwirkung und Beschattung des Gewässers durch diese Vegetationszone fällt weg. Und so gelangen bei jedem Platzregen (Gewitter) fruchtbare Ackererde, Düngemittel und Agrarpestizide in unsere Bäche und Flüsse. Wertvoller Kulturboden wird ständig abgetragen und irgendwo im Unterlauf abgelagert (Sondermüll). Umdenken ist gefordert. Landschaftsökologen und Fischereibiologen müssten hier auf die Barrikaden steigen und den Politikern auf die Finger klopfen. Es ist nicht genug, dass unsere Entscheidungsträger bei katastrophalen Hochwasserereignissen und die werden sicher immer mehr, mit frisch gekauften Gummistiefelchen am Wasser stehen und beteuern: „Wir müssen unseren Flüssen mehr Raum geben.“ Doch dies entpuppt sich später als leere Worthülse. Die wirtschaftlichen Sachzwänge hätten andere Entscheidungen erforderlich gemacht.
Doch irgendwann wird man, um mit den Worten von Häuptling Seattle zu sprechen, erkennen, dass man Geld nicht essen kann.