Natürlich gewachsene Bachforellen, also Wildfische, wo gibt es die noch?
In Österreich findet man diese nur noch in abgelegenen Gebirgsregionen oder kleinen, verwachsenen, schwer zugänglichen Quellbächen der Niederung.
Wildgewachsene Bachforelle aus dem Mittellauf des Zeller Baches
Nachdem ich mich seit gut 35 Jahren mit den Problemen des Forellenbesatzes an den unterschiedlichsten Gewässertypen beschäftigte, ist hier durchaus einmal Klartext angebracht.
Und die Zukunft sieht nicht rosig aus.
Bereits vor 35 Jahren habe ich eine Brutbox, die Whitlock-Vibert Box, im deutschsprachigen Raum eingeführt. In der Folge sind Varianten dieser Besatzform entstanden. Cocooning, Craddle Planter oder frei schwimmende Bruttröge sind ein Weg, den Zeitpunkt des Schlüpfens dem Temperaturgefüge des Wohngewässers anzupassen. Im Augenpunktstadium eingebrachtes Eimaterial (Embryonen) schlüpft nämlich entsprechend der Tagesgrade erst dann, wenn schon Plankton und später Mückenpuppen als Startnahrung vorhanden sind. Die kalten Wintertemperaturen eines Flusses (Erbrütungsgewässer) bei etwa 4° C im Jan, Feb und März verlangsamen zuerst die Entwicklung, beschleunigen diese aber bei zunehmender Erwärmung.
Bei einem angenommenen Temperaturbedarf von 380 Tagesgraden schlüpft der Forellenbrütling, der als Ei im Kies vergraben wurde, etwa um Ostern herum und ist Ende April frei schwimmend und freßfähig.
Brütlinge aus der Fischzucht erreichen bei einer konstanten Wassertemperatur (Quell- oder Brunnenwasser) von 8-12 ° C das freßfähige Alter schon im Februar – also wesentlich früher. Wenn diese Fische ins Freiwasser ausgesetzt werden, verhungern sie binnen weniger Tage.
Ein vorzeitiger Schlupf erfolgt ebenfalls bei künstlich erwärmten Gewässern (z.B. Industrieeinleitungen und das Problem der Wärmebelastung).
Fressfähiger Forellenbrütling
87 Tage alt mit einer Länge von 30 mm
Besatz mit Brutboxen macht vor allem Sinn in hochwasserfreien Seiten- oder Quellbächen. Dort finden die Jungfische auch Nahrung im Winter (Simuliumlarven) und Deckung in Wasserpflanzen und Schwemmholz. Im Freiwasser ausgebrachtes Eimaterial hingegen ist sowohl der Auswaschung, Verschlammung als auch Versandung und Kolmatierung (Verdichtung) des Lückenraumes durch Hochwasser ausgesetzt.
Dabei können ganze Jahrgänge ausfallen.
Bedingt durch die immer häufiger auftretenden Schockhochwässer, auch im Winter, ist vor allem das Brutaufkommen der Herbstlaicher (Bachforelle und bewusst gezüchtete, frühlaichende Regenbogenstämme) fraglich. Brütlingsbesatz, vor allem vorgestreckter Brut, sollte daher erst nach der Schmelzwasserperiode stattfinden.
Dieser Zeitpunkt der Freisetzung erstreckt sich – abhängig vom Einzugsbereich – von Mai bis Anfang Juli. Zwar sind die vorgefütterten Brütlinge bereits an die Hand des Menschen und an künstliche Nahrung gewöhnt. Doch der reichlich gedeckte Tisch zum Aussetzzeitpunkt bewirkt eine rasche Habitatadaption und Verwilderung. Daher, je zielgerichteter der Besatz mit diesen Winzlingen erfolgt, umso besser. Ein visuell verfolgbares Beispiel sind die gerade in freier Natur geschlüpften Fische. Eng pressen sie sich – in kleine Gruppen aufgeteilt – in die ruhigen Uferbuchten und meiden das schnelle Wasser. Dieses Verhalten zeigen sie ihr ganzes Leben lang. Bei Hochwasser schwimmen sie auch als adulte Tiere automatisch in den Strömungsschatten des Ufers oder hinter größere Strömungsbrecher. Daher sind Strukturen in unseren begradigten, ausgeräumten und kanalisierten Bächen und Flüssen so wichtig.
Fortsetzung folgt.
Teil II: im nächsten Journal Überlebenschancen von Zuchtfischen im Freiwasser